Fisch des Jahres 2016 – Elritze
Wer kennt sie nicht, die zumeist als sehr gesellig beschriebene und zu den kleinsten Karpfen unserer Süßgewässer gehörende ELRITZE. Sie trägt ferner Namen wie IRLITZE, PFRILLE oder ELLER-LING. In Brehms Thierleben werden allein für den deutschsprachigen Raum vierzig Namen angeführt. Diese Vielfalt an Namen zeigt wie populär und weit verbreitet diese Art ist.
Gefährdung
Einst war die Elritze eine Massenfischart. „Schwärme dieser munteren Fische […] an seichten Uferstellen des Wolfgangsees zu beobachten, war uns eine Quelle des Vergnügens, so wie man sich freut alte Bekannte anzutreffen und ein Stündchen mit ihnen zu verbringen“, berichtet Karl v. Frisch 1941. Heutzutage bleibt uns dieses Vergnügen leider oft verwehrt. Denn ihre Verbreitung und ihre Bestände sind vielerorts im Rückgang begriffen. Grund dafür ist die durch den Menschen herbeigeführte Verschlechterung der natürlichen Lebensräume: Dazu zählen unter anderem die Regulierung der Fließgewässer und Seeufer, die Errichtung von Querbauwerken und das daraus resultierende Geschiebedefizit, sowie der Eintrag von Feinsedimenten in die Gewässer und die Verbreitung von standortfremden Fischarten.
Verbreitung
Die Elritze – sie besiedelt vorwiegend Fließgewässer der Forellen- und Äschen-Region sowie Seen des Hügel- und Berglandes – ist österreichweit verbreitet.[1] In Salzburg, in Ober- und Niederösterreich, in Tirol und im Norden Vorarlbergs ist sie häufig anzutreffen; seltener in der Steiermark und in Kärnten. Für das Burgenland konnten nennenswerte Bestände nur mehr in der Leitha und der Raab nachgewiesen werden.[2]
Lebensraumansprüche[3]
Die Elritze besiedelt organisch wenig belastete und sauerstoffreiche Fließgewässer und Seen, wobei sie Bereiche mit kiesigem bis sandigem Sohlsubstrat bevorzugt. Ältere Individuen halten sich überwiegend in Kolke und deckungsreiche, unterspülte Uferstrukturen auf, während jüngere Elritzen auch strömungsarme Flachwasserbereiche aufsuchen. Grundsätzlich wird sie hinsichtlich ihrer Strömungspräferenz von Zauner und Eberstaller als indifferente Art eingestuft. Obwohl die Elritze zumeist in sommerkühlen Gewässern vorkommt, ist sie gegenüber höheren Wassertemperaturen wenig empfindlich.
Nahrung
Das Nahrungsspektrum der Elritze umfasst kleine Bodentiere, wie Insektenlarven, Kleinkrebse, Würmer, etc. und auf der Wasseroberfläche schwimmende Luftinsekten. Hinzu kommen pflanzliche Komponenten, wie zum Beispiel Kieselalgen. In stehenden Gewässern ernährt sich die Elritze überwiegend von Wasserflöhen. Laich von Fischen wird nur selten gefressen.
Fortpflanzung
Die Geschlechtsreife tritt bei Elritzen im Regelfall mit zwei bis drei Jahren ein. Elritzen stellen, wie andere Kieslaicher auch, hohe Ansprüche an das Laichsubstrat. Dabei werden Korngrößen von zirka 20 bis 30 mm bevorzugt. Im Frühjahr sammeln sich zur Eiablage an seichten und gut durchströmten Gewässerabschnitten Schwärme von geschlechtsreifen Tieren – auffällig ist ihr Laichausschlag auf der Oberseite des Kopfes und die gelbrötliche Färbung von Bauch und Maul. Die 1.000 bis 2.000 zirka ein millimitergroßen Eier gelangen nach der Befruchtung in das Kieslückensystem. Die frisch geschlüpften Larven bewegen sich zunächst noch tiefer in das Interstitial (Schotterkörper). Erst nachdem sie ihren Dottersack aufgezehrt haben, verlassen die Larven den Kieslückenraum und gelangen so ins Freiwasser.
Forschung
Kein anderer Fisch wurde so eingehend studiert und „vor das Gefährte der Wissenschaft gespannt“.[4] In den 1910ern bis 1940ern war sie die bedeutendste Protagonistin der Arbeiten rund um den Wiener Biologen Karl v. Frisch. Seine Arbeiten umfassten zahlreiche Untersuchungen zur Farbanpassung von Elritzen an den Untergrund sowie Analysen des Farbensehens, des Geruch- und Geschmackssinnes der Fische, und klärten endgültig die Streitfrage „Können Fische hören oder nicht?“.[5]
Es war auch Karl v. Frisch, der 1937 während seiner Sommerferien am Wolfgangsee in der Haut von Elritzen eine Substanz entdeckte, die bei Freisetzung durch Verletzung dazu führte, dass die Artgenossen dieses kleinen Schwarmfisches mit panischem Schrecken reagierten.[6] Später wurde der Schreckstoff auch bei anderen Karpfenfischen nachgewiesen. Die Elritze hat noch durch Jahrzehnte Forscher beschäftigt.
Copyright aller Fotos: Clemens Ratschan
Literatur:
[1] Erich Kainz, 2010. Zum Vorkommen einiger mehr oder weniger stark bedrohter Fischarten in Österreich. 2. Elritze (Phoxinus phoxinus). Österreichs Fischerei, Jahrgang 63, Heft 1, Seiten 31-34
[2] Georg Wolfram und Ernst Mikschi, 2007. Rote Liste der Fische (Pisces) Österreichs.
[3] Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz (2011); E11_VZH_Elritze_Nov-2011.pdf
[4] Karl v. Frisch, 1941. Über einen Schreckstoff der Fischhaut und seine biologische Bedeutung. Zeitschrift für vergleichende Physiologie. Band 29, Seiten 46-145.
[5] Karl von Frisch und , 1932.
[6] Karl von Frisch, 1938. Zur Psychologie des Fisch-Schwarmes. Die Naturwissenschaften, 26. Jahrgang, Heft 37, Seiten 601-606.